TEIL II Kapitel 3

 

Dr. Lambert machte sich mit Eifer daran, ihre neue Assistentin in die Geheimnisse der Sezierkunst einzuführen. Sie freute sich darüber, daß sie nun eine angenehme Gesellschaft für die langen Nachtstunden bekommen hatte.

Ihr Demonstrationsobjekt, eine weibliche Person von 36 Jahren, schien wie geschaffen auch einem Neuling keine übergroße Überwindung abzuverlangen, sie näher zu untersuchen. Der Körper wies außer Schnittwunden an den beiden Handgelenken keine weiteren Deformierungen auf. Alles deutete auf Selbstmord hin.

Um Nachlässigkeiten zu vermeiden, riet Natalie ihrer Schülerin , genau nach der handgeschriebenen Checkliste vorzugehen, die ihr schon seit Beginn ihrer eigenen Arbeit als Pathologin als Hilfestellung diente, wenn sich durch beginnende Routine Unterlassungssünden einzuschleichen drohten.

Adriana hörte den Ausführungen ihrer neuen Chefin geduldig zu, ohne aber all zu großen Enthusiasmus für das, wie sie es ausdrückte: >Vorlesen und Abhaken der antiquierten Zettelwirtschaft<, zu zeigen. Sie deutete auf den Computer auf Natalies Schreibtisch:

"Dafür besitzen wir einen überaus kooperativen Mitarbeiter."

Nat zuckte ergeben die Achseln:

"Ich bin mit meiner Methode bisher immer recht gut zurecht gekommen, und außerdem, muß ich zugeben, herrscht in meinen Programmen eine gewisse...sagen wir... Unordnung".


Sie sprach nicht gerne über ihren wunden Punkt, was ihren unsicheren Umgang mit den modernen Segnungen der Technik betraf.

"Wenn Du nichts dagegen hast, schau ich ihn mir mal an"

Eifrig wandte sich Adriana den für sie sehr viel interessanteren Problemen zu.

Die Pathologin seufzte, als sie sich nun mit dem unangenehmeren Teil ihrer Sezierarbeit allein gelassen wußte:

"Eure Generation würde unsere Patientin hier am liebsten durch das Gerät hindurch schieben und dort untersuchenlassen, oder?"

"Leider funktioniert das noch nicht fehlerfrei, aber ich arbeite fleißig daran !"

war die verblüffende Antwort. Nat schüttelte den Kopf. Insgeheim war sie davon überzeugt, daß die Jugendliche sich nur durch eine Alibibeschäftigung vor dem nun folgenden öffnen der Leiche davonstehlen wollte. Um so mehr erstaunte sie deren sachkundiger Hinweis:

"Prüf mal nach, ob der Selbstmord aufgrund einer ungewollten Schwangerschaft
stattgefunden hat und untersuch' ihren Mageninhalt auf Schlaftabletten."

Die Doktorin blickte überrascht und mißtrauisch auf. Die neue Gehilfin konnte so unerfahren nicht sein. Der Gedankengang war einer langjährigen Erfahrung würdig. Aber Adrianas Konzentration galt uneingeschränkt Natalie's Komputer, ohne daß ihre Mine Rückschlüsse darauf zugelassen hätte, was sie bewegte.

Nach kurzer Zeit widmete sich Natalie so intensiv ihrer Arbeit, daß sie die ungewohnte Gesellschaft beinahe vergessen hatte, bis deren triumphierender Ausruf:

"So, die Programme stehen wieder, aber sag mir besser nicht, was Du damit angestellt hast,"

sie aus ihren Gedanken riß.

"Was fehlt denn nun der Lady?"

Ohne Scheu trat Adriana auf den geöffneten Leichnam zu.

"4. Monat, keine Anzeichen für Sedativa,"

antwortete Nat wissenschaftlich, und fügte skeptisch hinzu:

"es kommt eigentlich ziemlich selten vor, daß jemand vor hat langsam zu verbluten, ohne vorher zu
Beruhigungsmitteln zu greifen."

"Bist Du sicher, daß >wir< nichts übersehen haben?"

Diese Frage brachte der neuen Assistentin Nat's vollständige Sympathie ein. >Wenn< jemand etwas vergessen haben sollte, dann hatte nur >sie selbst< es zu verantworten, aber Adriana schien das Wort Teamgeist sehr ernst zu nehmen.

"Du kannst unseren kooperativen Mitarbeiter ja dazu befragen,"meinte die Doktorin provozierend.

"Ich weiß jetzt bereits schon, was er dazu zu sagen hat,"

Adriana ging auf das Scheingefecht ein. Dieses Mädchen war Nat ein Rätsel. Ihre Auffassungsgabe schien ungewöhnlich, für ihr Alter von kaum über 20 Jahren wirkte sie erstaunlich reif und ihre Zeugnisse waren überragend. Was in aller Welt suchte sie in der Forensik-Nachtschicht?

"Da, liebe Frau Doktor, sieh es Dir an ! Unser elektronisches Superhirn kommt zu dem selben Ergebnis!"

Nat starrte den Monitor an. Eine rote Warnschrift blinkte unübersehbar:



Nat blickte zurück auf das mutmaßliche Selbstmordopfer. Tatsächlich ! Durch die erhöhte Konzentration auf ihre ungewohnte Rolle als Lehrerin hatte sie gerade die Handlung vergessen, die sonst jedesmal ihre erste war: sie hatte die Kopfhaare nicht entfernt!

Sobald das Versäumnis nachgeholt war, kam überhalb des rechten Ohres eine längliche Hautveränderung zum Vorschein, die eine kaum sichtbare, leicht bläuliche Verfärbung zeigte.

"Über den Vater des Kindes, wird uns die Erbanalyse in Kürze Klarheit verschaffen,
war sie verheiratet?"

Nat fischte erfreut nach ihren handschriftlichen Unterlagen . Die Zusammenarbeit mit Adriana begann vielversprechend, sie ließ für die Zukunft die Entlastung erwarten, die ihre angeschlagene Gesundheit dringend benötigte.

"Hier steht, daß ihr Ehemann sie in ihrer Badewanne gefunden hat, die halbvoll mit Wasser gefüllt war,
also kann die
Verletzung nicht durch einen Sturz hervorgerufen worden sein."

"Richtig," führte das junge Mädchen ihren Gedankengang zu ende :
" nachdem sie sich die Adern geöffnet hatte, saß sie schon, und zuvor kann sie nicht gestürzt sein, sonst wäre sie bewußtlos geworden, ohne sich töten zu können."

4

"Teil II  Kapitel 4"

Nick's Weg führte ihn direkt ins Raven. Heute ersehnte er die Nähe seiner Artgenossen, von denen er sich sonst seit Jahrhunderten verzweifelt loszusagen versuchte. So enttäuscht wie er war, verspürte er das dringende Verlangen sich unter Seinesgleichen zu mischen.

 Als er die Bar betrat, die den Vampiren als Ort der Zusammenkunft
 und der Zuflucht diente, hielt er sofort Ausschau nach Janette. Noch
 bevor er sie entdecken konnte, fühlte er ihre Anwesenheit in jedem seiner
 Sinne trotz der Signale, die die übrigen Vampire auf ihn aussendeten .
 Zu vertraut war ihm die verführerische Ausstrahlung seiner früheren
 Lebensgefährtin, deren Anziehungskraft ihn noch immer wie eine Fliege
 im Spinnennetz gefangen hielt.

 Nick fühlte ihren Atem an seinem Ohr und ihre in aufregend schwarze Handschuhe gehüllten Finger glitten provozierend langsam seinen linken Arm hinab. Gedehnt und aufreizend hauchte sie ihm ins Ohr:

"Et voila - mon Cher, welch unerwartetes Vergnügen ! Was verschafft mir
denn die Ehre ?"

Feuchte, kalte Lippen streiften kurz die Haut an seinem Nacken und für den Bruchteil einer Sekunde hielt er den Atem an, in Erwartung des lustvollen Schmerzes, der beim Eintritt ihrer Fangzähne entstehen würde - doch nichts geschah.

Jeanette's anfängliche Freude über den seltenen Gast war sofort erloschen, als sie beim Anblick seines Gesichtsausdruckes die wahren Beweggründe für sein Kommen ablesen konnte.


"O, nein Nicholas! Lass mich raten, hast Du vielleicht Ärger mit deinen Spielgenossen?"

Sie rückte von ihm ab. Nick senkte den Blick, es ärgerte ihn, daß er so durchschaubar war. Janette griff nach einer Flasche ihrer Spezialerzeugung und füllte damit ihr Glas. Scheinbar gelangweilt aber durchaus wirkungsvoll tauchte sie ihre Fingerkuppe in die leuchtend rote verbotene Flüssigkeit, sodaß der entsagende Vampir unwillkürlich mit der Zunge seine Lippen netzte.

" Du weißt doch, daß Du jederzeit willkommen bist, solange Dein Interesse mir gilt, aber nicht,
wenn du vorhast Dich bei mir über deine selbst erwählte menschliche Gesellschaft auszuweinen.
Dafür ist > er < zuständig !"

"LaCroix ?"

"Ich bin sicher, er weiß es längst".

Nick fühlte sich immer unbehaglicher. Zum zweiten mal an diesem Abend sah er sich allein gelassen. Janette war keine geduldige Zuhörerin, wenn es um seine Sentimentalitäten ging. Sie war ihm wohlgesonnen, wenn er bei ihr sein Vergnügen suchte, aber sie hatte ein feines Gespür dafür, wenn Nick sie nicht zum Mittelpunkt seines Interesses erhob

"Du willst sagen, er genießt es !" murmelte er dumpf.

Sie lächelte ihn verschmitzt an: "Wenn Du ihm den Gefallen tust"

Nick wandte sich enttäuscht dem Ausgang zu. Janette faßte seinen Arm und hielt ihn zurück.

"Warum gibst Du dich mit Sterblichen ab, mon Amour ?
Warum erlaubst Du gerade denen Dich zu verwunden, die Du mit Deinem kleinen Finger zerquetschen
könntest?"

Sie sah ihn prüfend an

"Oder ist es gerade das, was du suchst, was du brauchst, seit ich Dich
verlasen habe? Sag, WILLST Du verletzt werden?"

 

hhhhhhhhhh

Ohne ihr zu antworten befreite Nick sich unwillig von ihrem Griff und eilte zur Türe. Er sah nicht, daß die Miene des weiblichen Vamp's sich für kurze Zeit verfinstert hatte, doch dann wölbte sie ihre vollen Lippen und spitzte spöttisch den Mund. Es lohnte sich ihrer Meinung nach nicht die Zeit mit überflüssigen Problemen zu verschwenden und Nick davon überzeugen zu wollen, war das Sinnloseste von allen. Doch Zeit hatte für sie eine andere Dimension und der Gedanke erfüllte sie mit größter Genugtuung, daß seine Schwierigkeiten mit einem Menschen > naturgemäß < nur von kurzer Dauer sein konnten.

5

"Teil II  Kapitel 5"

LaCroix stand am Fenster der Cerk-Radioanstalt und starrte versonnen in die Dunkelheit der Nacht. Er wartete auf Nick, obwohl er wußte, daß sein Sohn nicht kommen würde. Noch nicht. Aber die Zeit arbeitete für ihn und die neuerliche Verletzung die seine bevorzugte Gesellschaft ihm zugefügt hatte würde ihr übriges dazu beitragen, ihn wieder dahin zu leiten, wo sein Platz war: Hier bei ihm, an seiner Seite! Er war seine Kreatur ! Ihm allein hatte er sein immerwährendes Leben zu verdanken, seine übernatürlichen Fähigkeiten, seine unbezwingbare Macht !

Warum nur versuchte sein Schützling so hartnäckig dagegen anzukämpfen? Sich gegen ihn, seinen Meister, zu stellen hatte wenig Aussicht auf Erfolg, aber es war amüsant ihn bei seinen erfolglosen Versuchen wieder Sterblichkeit zu erlangen zu beobachten. Denn selbst wenn ihm durch die Hilfe dieser >Frau Doktor aus dem Leichenschauhaus< eine Rückverwandlung gelänge, wer garantierte ihm, daß er, Lucius LaCroix, ihm diese Freiheit gestatten würde. Der Vampirvater grinste wohlgefällig. Im Gegensatz zu Nicholas liebte er dieses Spiel, denn mit jedem Mißerfolg zogen sich die Bande enger, die sie aneinander ketteten.

Er schaltete das Mikrofon auf Empfang, der Stimme des Nachtfalters würde es gelingen in Nick's Unterbewußtsein vorzudringen, ein Privileg, das ihm sonst von seinem widerspenstigen Gefährten energisch verweigert wurde.

>>"Laßt uns über den Schmerz reden, Kinder der Nacht. Wenn die Liebe geht,
gelingt es nur nochdem Schmerz die Leere zu durchdringen,
die ihr Verlust hinterlassen hat. Schmerz ist der Intensität der Gefühle gleichzusetzen,
die die Leidenschaft entfachte. Denn, lieber Hörer, glaube mir, nicht der
Verlust, Freude zu empfinden, ist es, der dir das Weiterleben unerträglich macht,
sondern Deine Unempfänglichkeit für Schmerz.
Aber wenn Du nichts mehr fühlst, bist Du tot, obwohl Deine Existenz weitergeht.
Was von Dir übrigbleibt ist nichts, als ein lebendiger Leichnam.

Doch wenn Du leidest, bist Du mein, lieber Freund,
dann wird auch diese leere Hülle wieder mit dem Bestandteil des Lebens gefüllt,
der mir bereits längst verwehrt bleibt : Schmerz!
Denn Schmerz ist Gefühl und Gefühl bedeutet Liebe und ihr wißt doch der
Nachtfalter liebt Euch alle." <<

Er würde Nick nicht aus den Augen lassen, was er auch vorhatte! Er konnte es nicht verbergen, nicht vor ihm! Er würde auf ihn aufpassen, ob er wollte oder nicht. Schon allein wegen der übrigen Vampire. Nick gehörte ihm, ihm ganz allein. Keinem anderen würde er es gestatten sich durch das Aussaugen seines Blutes an seiner Lebenskraft zu ergötzen - denn die emotionale Bindung, die er für ihn hegte, war nicht nur allein die eines Vaters zum Sohn. Er fühlte stärker. Er hatte sein Blut getrunken und ihm das Seine zu kosten gegeben!

Bis in die äußersten Spitzen seiner Nerven spürte er die elektrisierende Erregung, die ihn jedesmal erfaßte, sobald er sich in seiner Nähe befand. Die ihn drängte, ihn mit seinen Fängen zu ritzen und ihm sein Blut ein weiteres Mal zu rauben. Eine Regung jedoch, die nicht erwidert wurde und von der er wußte, daß sie den seidenen Faden der Vertrautheit, der zwischen ihnen noch bestand, sofort zerreißen würde, sobald er es wagte ihr nachzugeben. Doch gerade das erhöhte den Reiz. Die Schwierigkeit die Balance zu halten zwischen der nötigen Distanz und dem Drang nach größerer Nähe hielt die prickelnde Spannung aufrecht und durch den Verzicht auf Erfüllung wurde seine masochistische Lust noch geradezu ins unermeßliche gesteigert.

6

"Teil II  Kapitel 6"

Sobald der Eröffnungsmonolog seines >Meisters< verklungen war, klickte Nick mit der Fernbedienung sein Radio aus und warf sie achtlos in den Sessel. Seine Mine war ausdruckslos, aber die leere Flasche auf seinem Wohnzimmertisch zeigte deutlich seinen Gemütszustand an. Er hatte sich, ganz gegen seine Gewohnheit, noch nicht einmal die Mühe gemacht, sein flüssiges Dinner stilvoll einzunehmen und auf ein Glas verzichtet.

Das Raubtier in ihm hatte sein Recht gefordert und er hatte sich nicht zu widersetzen vermocht. Er hatte wieder einmal seiner Natur nachgegeben.

Sein schlechtes Gewissen meldete sich sofort. Die Flaschen enthielten zwar kein Menschen- sondern lediglich Rinderblut, doch auch diese Nahrung war weit davon entfernt, mit den Vorstellungen von Ernährung übereinzustimmen, die Natalie für seine Rückverwandlung als geeignet erschien.

Wie sollte seine Bemühung den Vampir in sich zu besiegen je Erfolg haben, wenn er jeden Fortschritt durch seine Unbeherrschtheit gleich wieder zunichte machte.

War dies der Lohn für die unermüdlichen Anstrengungen seiner menschlichen Vertrauten, nach einer Möglichkeit zu forschen, ihn von seinem Los zu befreien ?

So aussichtslos erschien ihm seine Situation! So gering war seine Hoffnung auf Erlösung!
Er war verzweifelt!

Im Grunde seines Herzens glaubte er nicht mehr daran, daß es eine Möglichkeit gäbe, den Vampirvirus, den Nat diagnostiziert hatte, zu kurieren. War es nicht besser, aufzugeben, sein Schicksal anzunehmen anstatt dagegen anzukämpfen und sinnlos seine Kraft zu verschwenden ? Ohne Natalies unerschütterlichen Glauben an den medizinischen Fortschritt hätte er die Suche nach einer >Kur< gegen seinen ungeliebten >Zustand< längst aufgegeben.

Nick ließ entmutigt den Kopf hängen. Was ihm fehlte war ihr Zuspruch, ihre Zuversicht. Er spielte mit dem Gedanken Nat anzurufen. Aber schon nach der dritten Nummer , die er wählte, legte er den Hörer wieder zurück. Was sollte er ihr sagen - was durfte er ihr sagen ? Er fragte sich, warum sie nicht den ersten Schritt unternahm, die Differenzen von vorhin zu bereinigen. Hätte sie nicht noch bis vor Kurzem von sich aus bei ihm angeläutet und ihm angeboten über seine Probleme zu reden?
Nichts an Natalies Verhalten ihm gegenüber bestätigte in Wirklichkeit seinen Verdacht, daß eine Abkühlung ihrer Beziehung überhaupt vorhanden war, aber in seiner Eifersucht meinte er sich Dinge einzubilden die sein Mißtrauen rechtfertigten: Vielleicht reichte es lediglich schon aus, daß ihr der Vergleich mit seiner Unnahbarkeit und Thorbens unkomplizierter Offenheit zu deutlich vor Augen führte, was ihre Freundschaft mit Nick ihr für Opfer abverlangte!

Wie sehr vermißte er ihre gemeinsamen Diskussionen, die sich oft bis in die frühen Mittagsstunden hineinzogen und bei ihm ein inniges Gefühl der Geborgenheit hinterließen, basierend auf Vertrauen und gegenseitigem Verständnis. Gegenseitig ? Wieder quälten ihn diese bohrenden Selbstzweifel. Hatte sie ihm jemals anvertraut, was sie in der Tiefe ihres Herzens verborgen hielt ? Und - >durfte< er es überhaupt wissen ? Sie hatte bisher tapfer ihre Zusicherung gehalten, nichts von ihm als Gegenleistung für ihre Zuneigung zu erwarten, ihn niemals von sich aus in Bedrängnis gebracht in Konflikt zu geraten mit ihren unerfüllbaren Wünschen und seiner verhaßten Natur.
Was konnte er ihr bieten, welche Zukunft in Aussicht stellen ? Durfte er sie weiter an sich binden, oder mußte er sie nicht sogar freigeben, jetzt, wo Kant sich so nachhaltig um sie bemühte ?

Nick war aufgestanden und wanderte rastlos in seiner Wohnung umher. Auf Natalie verzichten ? Sie einem anderen überlassen ?
Nein - niemals !

 Er lächelte plötzlich bitter, bei den Gedanken, die aus der dunklen Seite seiner Vampirseele in sein Bewußtsein vordrangen : Es gab einen Ausweg, er >mußte< nichts dem Zufall überlassen, er  >konnte< Einfluß nehmen. Es stand in seiner Macht den Willen der Menschen zu  beeinflussen ! Ein einziger gezielter Blick würde genügen, um Natalie in seinen Bann zu ziehen, sie wieder an sich zu  binden. Aber durfte er es wagen sie dahingehend zu manipulieren, daß sie sich >seine< Zuwendung wünschte.  Sie würde es nicht merken, versuchte er sich zu beruhigen, nur ihre Aufmerksamkeit wieder mehr auf ihn richten,  ohne zu wissen weshalb.

Warum sich also nicht die Möglichkeiten zu Nutze machen, die ihm zur Verfügung standen. Einen Moment zögerte er,

< Das ist nicht fair, was Du da vorhast, besonders nicht bei Natalie >

Er kämpfte mit sich selbst, doch dann stand sein Entschluß fest. War es etwa fair von >ihr<, ihn gegen den anderen einzutauschen ?

>>Wie sollte ich weiterleben können ohne Nat ?<<

Ohne ihre Wärme, das wußte er, würde es ihm ergehen wie LaCroix, - übrig bliebe nichts, als ein lebendiger Toter, eine leere Hülle ohne Leben - und Janettes Sieg über ihn wäre perfekt !

Janette! - die Personifizierung der Schlange im Paradies ! Er lächelte bei dem Gedanken an seine große Leidenschaft. Sie hatte ihn verführt und in die Falle gelockt. Aber seltsamer weise zürnte er nicht ihr, sondern nur LaCroix für seine lebenslange Mitgliedschaft in der Vampir - Gesellschaft, die ihm seine Verblendung eingebracht hatte. Sie hatte seine Naivität mitleidslos ausgenützt, aber er hegte keinen Groll gegen sie. Zu sehr hatte er die Zeit mit ihr genossen.
Sie erlaubte ihm jenen Rausch der Sinne auszukosten, der ihm sonst niemals im Leben zuteil geworden wäre. Denn er wußte nur zu gut, daß das, was sie verband niemals auf Liebe, sondern auf purer Leidenschaft basierte. Er dachte an ihre Kunst ihn um jegliche Beherrschung zu bringen - und ihn danach erbarmungslos fallen zu lassen, damit das Spiel, das sie so perfekt beherrschte wiederum von Neuem beginnen konnte.

Sie war ihm am Anfang überlegen, doch im Laufe der Zeit, hatten seine neu gewonnenen Kräfte ihre Wirkung nicht verfehlt und er war ihr ebenbürtig geworden. Eine Tatsache, die sie durchaus zu Schätzen wußte! Doch nach der Dauer eines Jahrhunderts war sie ihrer goldenen Fesseln überdrüssig geworden,
die sie an ihn ketteten. Sie hatte ihn ausgesaugt bis nichts an ihm ihr mehr unbekannt war. Der Geschmack seines Blutes war fade geworden und bot keine Erregung mehr. Und als sie ihn verließ, tat sie es in der Gewißheit, daß die Verlockungen ihrer Sinnlichkeit genügten, ihn jederzeit zurückzugewinnen, sobald ihr abermals der Sinn danach stand.

Nick war sicher, daß sie nicht mit Natalie gerechnet hatte; ja niemals für möglich gehalten hätte, sein kaltes Herz könne plötzlich zu neuem Leben erwachen und zu einer Regung fähig sein, die so stark war, daß er die Gesellschaft einer Sterblichen, die der ihren vorziehen würde! Und das, obwohl dies eine Verbindung darstellte, von der sie beide genau wußten, daß sie unerfüllt bleiben mußte.

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